Mittwoch, 29. April 2009

Religiöse Kochkunde...

Nachdem der anfängliche Schulstress der ersten Woche nun wieder langsam zur Gewohnheit wird, melde ich mich wieder zu Wort.
Hallo, ich bin wieder da ;-)

Erst vor ein paar Tagen musste ich über einen Lehrer nachdenken den ich in der achten und neunten Klasse in Religion hatte.
Meine Erinnerungen an ihn sind noch so deutlich (und auch dementsprechend amüsant) dass ich ihn jetzt sicher gut beschreiben kann.
Er sah ein bisschen aus wie eine Mozartkugel, nun ja, kugelrund eben.
Seine Arme und Beine waren sehr kurz, so kurz dass ich manchmal das Gefühl hatte er rollte auf mich zu.
Er zog immer einen Koffer hinter sich her, eine Art Trolly, den hatte er "Dodomobil" getauft.
(Das war für mich schon immer eines der größten Rätsel: Warum Dodomobil? Weil er darin vielleicht einen kleinen Hausaffen transportierte der in dem Koffer wohnte und Dodo hieß?)
Er wurde von seiner Frau anscheinend zu gar abenteuerlichen Diäten gezwungen, sie hatte sogar die Verkäuferin am Schulkiosk bestochen ihm nichts zu verkaufen.
Mein Lehrer durfte nur Zwieback essen, immer nur Zwieback.
Er verachtete den Zwieback, erzählte er uns, aufgeweichte Pappe wäre schmackhafter.
Manchmal zwang er einen Schüler während des Unterrichts für ihn Schokolade zu besorgen, andere bestach er mit dem Leitsatz "Wer mir die Hälfte seines Pausenbrots abgibt darf im Unterricht essen!".
Wenn wir mal alle Pausenbrot-los waren, fing er an vor lauter Hunger Kochrezepte vorzusingen.
Es gab aber auch noch andere Sachen die er uns vorsang, hauptsächlich Lieder aus seiner Jugend.
Sogar Gedichte trug er uns vor, ja, wir haben vieles gemacht, bloß keinen Unterricht.
Eines Tages kamen ein Pfarrer und eine Kirchenrätin oder ähnliches, aus der Dorfkirche um dem Unterricht beizuwohnen.
Leider hatten sie sich verspätet und der hungrige Lehrer hatte ihre Ankündigung anscheinend vergessen.
Noch schlimmer war dass wir an diesem Tag alle ein Pausenbrot dabei hatten und alle extrem hungrig waren folglich auch viel teilen mussten.
Mein Lehrer freute sich und hopste herum wie eine Elefantenballerina, er holte zur Feier des Tages sogar seine Gitarre.
Auf seinem Pult stapelten sich unsere halben Brote und alle anderen Fressalien, mein Lehrer hatte sich auf die Bank der ersten (freien) Reihe gesetzt und trug ein Gedicht mit musikalischer Begleitung vor.
Hin und wieder griff er hinter sich und stopfte sich ein Brot in den Mund.
Plötzlich ging die Tür auf...da standen die Herrschaften und sahen den armen kugelrunden Lehrer inmitten von angebissenen Broten auf einem Tisch sitzen, Gitarre spielend und singend und gleichzeitig auch noch kauend.

Es ist klar, daraus wurde ein Skandal.
Wissen sie was das schlimmste am ganzen war?
Die Frau meines Lehrers erfuhr alles und ersetzte den täglichen Zwieback als Strafe durch Reiswaffeln!
Er durfte nur noch Reiswaffeln essen, immer nur Reiswaffeln!
Er verachtete die Reiswaffeln noch mehr als den Zwieback, sagt er und behauptete die Verpackung seines Videorecorders hätte damals genauso ausgesehen.
Das wirklich katastrophale kommt erst jetzt: Die Abgaben für das Verzehren von Lebensmitteln im Unterricht wurden erhöht, auf 3/4 des Pausenbrots!
Aber jetzt weiß ich wenigstens wie Politik funktioniert.
Ob das ganze wohl einen Zusammenhang hat? ;-)

1 Kommentar:

  1. Liebe Victoria,
    ich schätze, Du bestimmt Extra-Wurstbrote für den "armen" kugelrunden Reli-Lehrer eingepackt;-).
    Deine Geschichte hat mir einige Lacher entlockt, dafür vielen Dank.
    ...und dennoch tut er mir irgendwie leid...dieser Herr Nimmersatt, den seine Frau mit Reiswaffeln zur Vernunft bringen will...
    Dir wünsche ich einen schönen und strahlenden Tag und viel Erfolg, bei allem was Du morgen so vor hast.
    Alles Liebe,
    besser und besser,
    Gaba

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